On New York by Heiner Müller (Berlin 1987)

New York oder das eiserne Gesicht der Freiheit

FATZER
(kommt mit Fleisch in einer Zeitung)
Fleisch.
KAUMANN
wie kommt das Blut
an deinem Ärmel Fatzer?
FATZER
wollt ihr Fleisch fressen
und könnt kein Blut sehen.
Das ist ein Zeitungsblatt !
darin steht dass wir viele
Städte gebaut haben
über
dem atlantischen Meer, zwanzig
Stockwerke hoch, aus reinem
Zement und Eisen ! es ist
ein Bild da, ich kenne die
Häuser, ich habe sie mit so gedacht.
Hier ist das Bild.
Eine neue Stadt
mit Namen New York
dies hat gemacht
unser Geschlecht oder eines
das ihm ähnlich ist.
KOCH
was hat es genützt? jetzt
laufen wir wie Ratten in dieser
Höhle rum.

(aus Bert Brecht, UNtergang des Egoisten FATZER)


2

Gestern habe ich geträumt, dass ich durch New York ging. Die Gegend war verfallen und von Weißen nicht bewohnt. Vor mir auf dem Gehsteig stand eine goldne Schlange auf, und als ich über die Strasse ging, beziehungsweise durch den Dschungel aus kochendem Metall, der die Strasse war, auf dem anderen Gehsteig eine andere Schlange. Sie war leuchtend blau. Ich wußte im Traum: die goldne Schlange ist Asien, die blaue Schlange, das ist Afrika. Beim Erwachen vergaß ich es wieder. Wir sind drei Welten. Warum weiß ich nicht.
(aus: Der Auftrag)


3

Ihr Arm mit dem Schwert ragte wie neuerdings empor und um ihre Gestalt wehten die freie Lüfte.
(aus: Kafka, Amerika)


4

Ungheuer, Atlanta
Leuchtet deine Sonne.
(aus: Hans Eisler, Johann Faustus)


5

IN Kafkas Amerika trägt die Freiheitsstatue an der Hafeneinfahrt von NY ein Schwert statt der Fakel. In NY zeigt die Freiheit ihr eisernes Gesicht. Manchmal ist das Gesicht der Gorgo, deren Blick versteint. Seit London, erschöpft von Herrschaft wie eine Frau von Geburten, nicht mehr in der Nachfolge Roms steht (der eigentliche Verlierer des zweiten Weltkrieges, als einer Phase im Weltbürgerkrieg des zwanzigsten Jahrhunderts, ist England), sind NY und Moskau die Metropolen der Welt. NY das Flagschiff des Kapitals im Bauch der Bestie, wie Che Guevara die USA nannte, mit der Blutbahn der Banken und Moskau die narbenbedeckte Hoffnung der Welt, lange Zeit dem Blick entzogen durch einen blutigen Nebel.
So wenig wie Moskau ist NY eine feste Stadt.
Moskau seit dem Sturm aus Asien, der die Rache Kinder Abels an den Erben des Brudemörders und ersten Städtebauers Kain war, immer neu gegen den Wind gebaut, nomadisch bis in die Architektur; noch der Stalinbarock hat durch seine Ornamentik die Fliehkraft der Zeltgiebeln: asiatische Verfremdung der kalt monumentalen Waltstreetgeometrie, die der architektonische Ausdruck des Puritansimus ist, einer Religion für Kolonisatoren.
NY ein Gebilde, das aus seiner eigenen Explosion besteht, UNSTET und FLÜCHTIG im Sinne der biblischen Verfluchung, Schnittpunkt von Kontinenten, kein Schmelztiegel, wie die landläufige Vorstellung meint, sondern ein Ort der Trennung, die Elmente (Rassen Klassen Nationen) bleben separat (Little Itay Chinatown Lower East Side Harlem), mit keiner anderen Solidarität als die des Geldes. Die berühmten Skylines täuscht: NY, ein Pfahlbau, ist dem Wasser näher als dem Himmel, sein Grund die Leiber der toten Indianer, die Abels weniger glücklichen Nachkommen sind. (Auf den Baugerüsten arbeiten die letzten Irokesen, schwindelfrei durch einen Zufall der Natur). Und manchmal schlägt der Grund zurück: im NY der siebziger Jahre, als es Mode wurde, Kindern statt Hamster Alligatoren zu schenken (der leichte Weg, das Spielzeug los zu werden, wenn es lästig wurde, war die Spülung des WC, SEE YOU LATER ALLIGATOR), kehrten immer häufiger Kanalarbeiter von ihrer Arbeit unter der Stadt nicht zurück, Suchtrupps entdeckten in den Abwässern der Kanalisation Geschwader von ausgewachsenen Alligatoren. Sie waren weiß, blind und satt. Wenn als Folge der Klimaverschiebung, ein Triumph der Technik, Nord- und Südpol schmelzen, holt der Atlantik vielleicht seine Hauptstadt heim, das Wasser den Beton, schwimmen die Haie durch die Banken. Inzwischen ist das Gesetz des Wachstums von NY das Gesetz des Dschungels: Wucher und Verfall, und aus den Ghettos wächst die Wüste auf die Stadt zu, während mit schnellerem Wachstum im Schatten des Erdbebens Los Angeles die Nachfolge antritt, Hauptstadt des Pazifiks und ein neues Babel. Auf den ersten Blick ist NY die letzte intakte europäische Stadt: keine Bobme von Himmel hat es berührt, es hat keine Panzer gesehen. Der tägliche Krieg findet in den Subways , in den Ghetoos, auf den Strassen, in den Apartments und Fahrstühlen statt. Eine Stadt der Einsamkeit: nirgendwo hört man so viele Menschen mit sich reden wie in den Starssenschluchten von NY. Stadt der Extreme: reichen witwen mit Penthouse und Chauffeur, bewacht von schwarzen oder irischen Türstehern, ihre Hunde von Negerinnen ausgeführt, Schaufel und Plastiktüte unvermeidlich im Griff, um, wie das Gesetz befiehlt, die Hundescheiße wegzuräumen, junge schwarze Mörder, für die nicht aml in Gefängnissen Platz ist. schwierig, NY mit Kunst beizukommen: vor dem Tanz der fliegenden Zeitungen und im Wirbel der Mülltonenen, die den Wind aus den Indianerprärieren über die Strassen am Hudson treibt, schrumpft sie auf das Beispiel von Andy Wahrhol zurück, Klassiker NYs durch die Qualität der kleinsten Größe. Unvergesslich die Trauer, im Gesicht des alten Juden, Hegel- und Marxübersetzters (er hatte, wie er beim Whisky gestand, in der McCartyh-Ära vor die Wahl vor Mangement und Alkohol gestellt, den Alkohol vorgezgen), bei seiner Erzählung von seinem Besuch in MET am Vortag: er stand vor einem altägyptischen Rrelief, zwei junge Schwaze stellten sich neben ihn: WHAT ARE YOU DOING THIS IS OUR CULTURE. Er kannte gut die sozialen Wurzel des schwarzen Antisemitismus,: Mietwucher in Harlem, Bauspekulationen, Brandstiftung gehört zum Geschäft, in den Ghettos, Krieg der Minderheiten. Sein Résumee: was Marx vergessen oder nicht gewußt hat: die Gewalt des Tribalismus. Erst wenn die Verführungskraft der Fassaden schwindet (die den Bewohnern der Höhle den Himmel auf Erden verspricht), weil das Mahlwerk der Ausbeutung unter der staatlichen Schuldelast stockt, kann in Ghettos eine andere Solidarität aufblühen als die des Kapitals gegen das Elend.

Bevor man stirbt, sollte man NY gesehen haben, einen der grossen Irrtümer der Menscheit.


6

UNGEHEUR IST VIEL DOCH NICHTS
UNGEHUERER ALS DER MENSCH.


Autor: Heiner Müller (7.7.1987)


Abgeschrieben aus : New York Aussichten, Arno Fischer, Verlag Volk und Welt 1988, Printed in German Democratic Republic (caution: the "republic" has vanished into thin air two years later)
New York @ October 2008
Spanish Harlem

This location seems to be the re-incarnation of the third world within/beside of the super first wolrd, which is explicitly Manhattan. The smell of gasoline reminds me Bogota, the music in this cafe is the best of kitsch pop from Pourto Rico and nobody wants to speak English, for what, asked asked the guy.
Bach in Spanish Harlem, that would be the new trend.
New York @ October 2008
Manhattan

M. is a retro-scenario.
Almost everything social, cultural, artistic, economical, scientific; waht can happen, happend here. Actually the realisation of our dreams and of those old utopia. M. is utopia. The beginn and the end.
New York @ October 2008
Manhattan

Die Dunkelheit am fruehen Abend in M. ist atemberaubend, die Luft wird mild, der leichte Nieselregen und Entspannung ueberall. Ein Spaziergang entlang Park Avenue erinnert einen unentwegt an irgendeinen Film, es ist immer ein Film, andem man entlang rauscht.

Manhattan ist ein Film.
Eine schoene Landschaft, riesige Wolken, duester am Himmel wellenartig schwebend. Wo ist eigentlich der Mond? Hinter den schweren Wolken ist sein Schatten zu erahnen, nur eine Spur. Der Mond ueber Manhattan ist ein anderer.

Manhattan ist kein Ort fuer unsere post-romantizistische Nachtmahr, es ist die reine Schoenheit gegossen im Delerium von Eifer, Reichtum, Trotz, List und Utopie. Es ist die Utopie, transzendiert von der eigenen Gewalt und von der Ignoranz und Kaelte der Protagonisten.

Die Protagonisten, ja sie, die seit einigen Tagen - und eigentlich schon immer- von allen verachtet, beschuldet und misgoennt waren, als korrupt bezeichnet werden, sitzen in den Bars in den eleganten Anzuegen, farbigen Krawatten und sehr feinen Kleidern und sind unberuehrt von der Hysteria. Sie sind so, wie wir sie kennen: arrogant, schoen, abwesend, dramatisch und in Bewegung. Es ist wunderbar zu sehen, dass die ganze Presse in NYC ( und USA/ Europa/ Welt) sie, die Protagonisten ruegen und Ms. Palin in der Debatte es auch tat, damit sie die Kretins der Provinz in ihrem Gefuehl staerken kann, dass sie immer schon recht hatten, womit sie ueber NYC dachten. Sie, die Protagonisten, aber schweben weiterhin cool ueber den Pfalstern ihres Paradieses, das nur und wahrlich nur Ihnen gehoert.

Manhattan ist ein Film.
Ein kinematographisches Scenario ohne Anfang und ohne ende. Ohne Anfang, da wir nicht mehr wissen koennen, wann wir begannen, diesen NICHT-Ort wahrzunehmen, M. war immer schon in unseren Augen. Ohne Ende, weil wir immer noch Bilder haben werden, die uns das Paradies des Protagonisten zeigen wird.
New York @ October 2008

At early afternoon of a normal day is Lexington Avenue ominous quiet: no noise, no buzz, just a sliding wave of happy looking purchaser; no rush, no hectic. That's why shopping makes people happy and relaxed.
The Indian man in the Chinese electronic shop wants to sell me a low tech camera in a price level higher than in 5the Ave, I am laughing, he does not understand it at all. He is not so happy.
Marriott East Side is very American. An house full of ghosts of those days, dark furniture, shivering calmness, people in ugly Grey suits asking you after your "happiness" and my nightmare: folklorist (= bloomy) blankets, they dispossess me of my dreams, which I indented to have, indeed. And one more, old white American Men: of course East coast WASP's, well dressed, honorable, boring and obliging; therefor, almost death. They are everywhere, in the lobby, beside me in the restaurant and even in the lift. One should change the perspective. After Boston, my second experience seeing them in vivo. Gott bewahre.


 Urbaner Raum im Kontext
 






































 



New York @ October 2008

Bedfort Avenue in Williamsburg / Brooklyn seems to imitate the other, the "outer" world, which is the OLD EUROPE. Arrived , again, in the nice space of simulacrum and of games.
Everyone attempts to be in a basically different mood than in Manhattan, not just mood, but fashion: style of trashy, confused and "indi"-like something; just beautiful.
You can not see Manhattan's towers, while sitting in a cafe in Williamsburg's Bedfor Avenue and drinking latte and pretending to read Kafka or talking on Sara Palin's stupidity. NO, there are no ghosts, no alligators, no dead "indians", no fashion victims, no seduction and seductives, no glamour, no SCHEIN. Just pure SEIN, coolness, authentecity and GEIST.
Asking the concierge in a Manhattann based hotel about "nice" places in Brooklyn, he asked me back: Brooklyn?? it is really different than Manhattan, you want to go there?
After more than 120 years of anexion of Brooklyn by New York City's rulers, it is still another town, not just a bourough, as they try to convince us.










































New York @ October 2008

Vorerst ist NYC ein Traum.
Berlin @ August 2008
" Light in August"

After a week in Lisbon with O. almost no memories.
Pessoa was absent. The town did not change at all: a museum for well educated traveler and huge portion of nostalgia. Lucent nights on hills and silence, Lisbon is like a sleeping draco, tranquil and aware.
V. invited us to a bonny dinner within the labyrinths of old town, then a short postprandial meditation in Bairro alto. We talked about "saudade" as a very Portuguese and unique cultural phenomenon, which is heavy (to explain) and deep embedded into the memories of this culture. Saudade was explained to me in all her dimensions as a "feeling" accompanying live and past and future (more deails: http://en.wikipedia.org/wiki/Saudade).
I believe, that the relevant difference between Portuguese way of thinking the world and other latin and non-latin "cultures of looking at the wolrd" is made by the extraordinary ability of the Portuguese "languages" (langage, music, art), to be able to express "it" un-definitely better than the others. Portuguese culture seems to have developed this highly specified skill of expression the "feeling" of saudade.

Afterwards on the beach of Cascais, wild waves and the wind were evocative of old b&w pictures without any relation to a specific place or time, just those days. Having nice days in the house of my friend (N. P.) with kids and his friends.




Turkish Riviera @August 2008

It seemed to be a good place to do nothing. As to pass time of vacation in Russia with Turkish environment or nice displacement.
Cuando sale la luna
se pierden las campanas
y aparecen las sendas
impenetrables.
Cuando sale la luna,
el mar cubre la tierra
y el corazón se siente
isla en el infinito.
Nadie come naranjas
bajo la luna llena.
Es preciso comer
fruta verde y helada.
Cuando sale la luna
de cien rostros iguales,
la moneda de plata
solloza en el bolsillo.


by Fedrico Garcia Lorca
Berlin @ August 2008

May be the density of time transform us more rapidly than expected.
Lisbon @ August 2008

Langsam durch die Strassen.


































Lisbon @ August 2008
Am Anfang is Lisboa nur Geräusch.
Berlin @ August 2008

The sky (as a perversion of colours in the late evening), touched / seen / listened from my balcony is just a memory of those days.

It is raining
Berlin @ again August 200
After Bangkok such a tristess.
Bangkok @ July 2008

Almost the high end of smooth luxury combined with the softness of faces, grace of hands, happiness of smiles, that's Bangkok.
The world of calmness and relaxation, that's what hotel lobby spaces in BKK are (Shangri-La, Interconti or Oriental): artificial paradises, the total opposit of the derisory European accomodations and those reluctant faces, with highst level of possible service.
There is even no need to read newspapers in these smooth spaces, no news, no TV, no reality, just the illusion of a nice "place".
The east Asian relaxation culture in Hotels / spa's/ restaurants (specially the Thai version) unifies all those basically divers images of our mind referring to a good being-there while sitting, eating or doing nothing.





At night:

Club "Spicy": the end of shame. Authentic, no "electronic" delusions like the expat clubs (bed supperclub, glow, Q bar, narcissus etc, forget them), JUST: rhythms & bodies, nothing else.



























































Restaurant "Long table": seeing the night from above along a long, very long table, while listening to minimal vibes and watching pixie faces in the all but darkness of the room.
http://www.longtablebangkok.com




Bangkok @ July 2008

Like a snake I perambulate trough noise, smoothness, dirt, fluence and nostalgia. The fragrance of orchidee and those hands are making me disapeared.
BKK is covered by shadows of almost living gods, they rule on streets, small shrines around corners, praying and hoping people returned to their self, at least for some instances.
A sort of cessation of mind, "Das Schloss" from K. is invisibel, no news, no papers, no Obama.



Bangkok @ July 2008 
Vorerst ist Bangkok nur ein Strom.
Berlin @ Juli 2008

Ein flüchtiger Anblick im Halbdunkel
Der Schatten von K.

Ein Vorübergehen aneinander
Ein Vergessen zueinander

Himmel, harmlos und still
Arme und Ohren und Augen und Geschmack
Angst vor der Berührung
Nähe

Nähe
Rührselig und still
Heftig und zitternd

an L.
** Berlin July 2008 **

Just an ordinary arrival
Like all those days
The kitchen
Food, past, drink, future
Desire, distant world, dreams, the barrio

Some Words
A Sigh
Short stillness

The stars in cloudy sky of the night
An idea of beauty of L'ete indien

Skin, while Omara sings
Taste, while calmness raises
Neck, while shiver rules
Fragrance, while memory goes away
Pelvis, while losing the self

And
A marvelous silhouette in the darkness of the night
Hours

The sense of the sun
The passage

For C.
** Berlin June 2008 **

Der frühe Sommer erschreckt, zu viel an Süden plötzlich.
Berlin @ June 2008

Coming back from beyondatlantic, however, Berlin is like a dream never ended.

The simulation of Italy at the Kollwitz Str. in Prenzlauer Berg is almost perfect, even the real Italian waiters are strongly simulating Italy, it is like a paranormal phenomenon, you are eating tiramisu at midnight outside , while people are deep in their dreams, that ´s the way how you cope with world as a simlacrum (see also Jean Baudrillard).

Berlin is just nice to everyone, you can try too.

The "Creatives" of our town are working even beyond the midnight thresholds, passing by Senefelder Str. (Prenzlauer Berg, see google map http://maps.google.de/maps?hl=en&client=firefox-a&rls=org.mozilla:de:official&hs=bC4&resnum=
0&q=senefelder%20strasse%20berlin&um=1&ie=UTF-8&sa=N&tab=wl )
you see them, in shadow of smooth lights of their offices, sitting and thinking the world as an idea, I bet Plato would have been so jealous about them. These people are creating the new world of ideas, images, web sites, pod casts, futures, pastes and delusions.

Berlin is the place to be, try it again.

Regularly, at 7 am, in the rapid transit train called S-Bahn (S may be for schnell=fast, may be not) you meet the other part of the urban reality: tired and satisfied faces looking out of windows, watching the city vanishing back and always embedded in the matrix of the enduring dreams beyond the sunset. A kind of luck, you would say, and that´s right.
Chicago @ June 2008

Diese Stadt ist der Ort der Geister.

Die Idee des urbanen Raumes oder des Urbanen als Raum findet ein ungeheueres Pendant in Chicago. Es ist wie ein Prototyp, wie die Exemplifizierung eines modernen Konzeptes von "Raum". Die Klarheit der Strassen, die im downtown fast immer "Einkaufstrassen" sind, gleicht die Wucht der skyscrapers aus und es macht den Unterschied weicher (=smoother) und bildet ein organisches Bild. Ein Konglomerat aus Ecken, Winkeln, Schatten, Schrägen und Horizonten. Der urbane Raum ist nur eine Konstellation aus Horizonten, aus Optionen und oft unsichtbar auch aus Vergessen und Verghen.

Die Stadt ist schöner als das Bild, was die Filme von ihm machen, Chicago ist kinematographischer als die Kinematographie je.

Der nächtliche Anblick des downtown aus einem Café am Fluss ist berauschend, es lebt und bebt.



Chicago @ June 2008

At the beginning of the day, after a long lasting sunset, the scenery in downtown Chicago is almost perfect: sun is laving streets, those on the streets are wearing their dark suits uniform, everything is for the purpose of "being-to-go" (actually it is a basic form of "live-to-go): coffee, memories, bags, the past etc.

:: CHICAGO June 2008 ::

This place seems to be the ultimate version of modernity: the hegemony of verticality + the persistent idea of movement + the totality of ignorance + the swoosh as basis of daily life + das Gespenst von Mies van der Rohe.

Chicago is the most American Americanism in terms of frozen space, concentrated velocity, ignorant coolness and at the end of the day (= at the beginning of the night) the beauty of urban life.

:: CHICAGO June 2008 ::

Das Rauschen ist immer da, es kann der Wind sein: der "Grund" dieser Stadt, oder es kann die Klimaanlage sein: die conditio sine qua non dieses "folks", es kann der Verkehr sein: die Verifikation des Da-Seins im american way of life. In allen Lebenslagen infiltriert das weisse Rauschen unsere Ohren und Augen, unsere Knochen und Nerven, ohne es kann man hier gar nicht überleben.

Chicago ist Metropolis. Hier weht der Geist von Mies van der Rohe in allen Ecken, das Gespenst des Modernismus, den viel schon lange totgesagt haben.

Der Raum als Inkarnation von Anwesenheit und Teilung ist das Ergebniss dieser Architektur der Vertikale.
:: CHICAGO Juni 2008 ::

33.000 Experten und Subexperten, 5 Themen und viel Gerede und "big business", das ist ASCO 2008. Abends, wenn es finster wird, hört man die Sirenen.
Im Lärm der Grossstadt, und Chicago verdient diese Spezifizierung auf jeden Fall, mehr als NYC und mehr als Madrid; ist das Schweigen unmöglich.

Jeder fragt dich nach deinem Befinden: how you´r doing?, niemand interessiert eine Antwort, niemand erwartet eine Reaktion, niemand will eigentlich diese Frage stellen, die gar keine Frage ist. Die amerikanische "Seele" ist von der Basis aus frei und geschichtsnaiv, verwirklichte Utopie und Verheißung zugleich.
CHICAGO June 2008

// this town has got all those criteria and parameters being a real metropolis, a place for forgetting, a place for escaping, a place for dreaming while you are awake.
CHICAGO June 2008

The ghosts of Michigan lake are turning around the big buildings, they are talking with us by means of the wind, what should I say
CHICAGO June 2008

// Just the wind, nothing else is the base of all memories which this town posses.
CHICAGO Juni 2008

der Sonnenaufgang durch die Silhouette der Hochäuser ist am sehr frühen Morgen ein Paradoxon.
Schlafen ist schwierig.
Das Bild der Stadt, also die Stadt selbst dringt in die Augen und der Glanz der Fassaden im Morgengrauen ist verloschen, nur noch die Erinnerung an die nächsten Tagen.

Nachts hört man die Winde, die aus jenseits kommen, die Geister aus der Tiefe von Mishigan lake rufen nur zu.

Los Angeles @ November 2008

Zurück von San Francisco und SF bay area nach LA erscheint alles wie die Hölle.
Das plötzliche Verschwinden der urbanen Zivilisation, wie sie San Francisco celebriert wird, macht Los Angeles zu jener perfekten Struktur, die bar jeder Urbanität, sich zum Zentrum der Welt erklärt hat.
LA ist ein non-urbaner Ort, ein Konglomerat aus vielen Städtchen, die sich aneinander reihend vom Meer zu den Bergen strecken. Sie haben nicht gemein, es gibt keine Affinitäten oder Zugänge. Nur die Highways verbinden sie miteinander, sie ermöglichen den Warenverkehr und den Abstrom und den Zustrom der mexikanischen Proletarier Nacht und Tag und vice versa. Die Highways, die das Bindeglied der Orte darstellen, ernähern LA nicht, sie zementieren materiell die mentale / kulturelle Segregation . Die Hispanics leben wonaders als die Black-Americans, die weissen Zuwanderer (in der Tasche den Traum eines Stars mit sich tragend) träumen in ihren schönen Ghettos aus Baum, Wand, breite Strassen und Security vom Reichsein. Alle träumen vom Reichsein, selbst die Reichen.


Die horinzontale Expansion der Orte im hässlichen Konglomerat namens LA ist das exakte Gegenbild von urbaner Zielgerichtetheit und Ratio.
Die Horizontale vernichtet den Gedanken an jener unverschämten, weil obszessiven Vertikalität , die Urbanität kennzeichnet (siehe New York, Shanghai, Tokyo, Seatlle etc).
Städte schaffen Räume zum Leben, die angenehm oder unangenehm sein können, LA neutralisiert Raum, LA ist die Antithese zum gemeinsamen Leben, zur "Strasse", zum "Bezirk", zum "Barrio". LA (city of quartz) ist einerseits ein spanischer Ort aus dem 19. Jahrhundert, ein Residuum, LA ist aber anderseits die etwaige Vorstellung von Italien oder Süden, ohne je Süden zu sein. LA ist ein immerwährender Themenpark.

Berkeley ist ruhig.
Das Gespenst Faucaults ist entschwunden, nicht einmal Plakate oder T-shirts erinnern an ihn, die Bioplitik ist bei S. Agamben in Europa oder anderen Post-Post-Moderne-Denkern gelandet, die Schärfe des Geistes Faucault ist in der Schönheit der Natur in der Umgebung und in der Ruhe des Campus aufgeweicht und verschwunden wie ein "Gesicht im Sand am ufer eines Meeres".
"Oublier Faucault", sagte Baudrillard und die Amerikaner haben ihn längst vergessen.
An den Strassen findet man eine Menge Läden mit indischen Saris, man sieht aber keine Inder, und keine sari-tragende Menschen.


Cupertino ist leer.

Die bereiten Strassen veranschaulichen den Luxus einer leeren Stadt, in der niemand auf der Strasse ist, niemand. Der indische Tabkangestellter sagt, dass das leben sehr sehr hart sei: Arbeit, Schlafen, Arbeit, Schlafen etc.
Das Haus von "Apple" ein architektonisches Desatster, ein Geisterhaus.


Fremont ist leer

Auf der SUCHE nach little Kabul kein Erfolg, die Hauptstrasse ist ein Dutzend Kilometer lang, sehr bereit und leer. Am Nachmittag um 5 nur noch Geister und deren Autos mit dem ungeheuer schönen Blick auf die umgebende Berge. Die Berge erinnern mich an Kabul.

San Jose

Die Gewalt einer highway und die Zukunft.....

San Francisco @ November 2007


In Pacific Hights gibt es keine Unterschicht auf der Strasse, die Mehrheit ist caucasian oder asian-american , das Bild ist einfach zu schön, das Flanieren am Filmore Drive ist ein Privileg derjenigen, die es verdient haben. Der california dream ist real, die Utopie ist längts realisiert und wir sehen forward  


SF @Pacific Hights ist dort, wo Europa reinakrniert, Sonntag um 11, die Strassen sind bevölkert, Cafés sind voll, Cyber-Cafés ebenfalls und die Sonne. Dass alle telefonieren, unterscheidet weder den Ort noch die Leute von Europa/Anderswo. Die Musik ist verschieden, sehr amerikanisch, sehr viel R&B, überall.
In "Royal Ground" sitzen mindestens 15 Surfer, Leser, Schreiber an den Tischen, konnektiert mit der "Welt", die es nicht gibt. Wir alle sind verbunden in den virtuellen Schluchten von Orten die wir nicht kennen und nie kennen werden. Wie man richtig annimmt, es finden kaum Gespräche statt, denn man ist ja beschäftigt mit der Arbeit an der Virtualität oder macht nur die Hausaufgaben der Uni.

San Francisco @ November 2007


SF ist das Vergessen, kein Erinnern, keine Opfer, kein Trauer. Die Stadt hat keine Vergangenheit, denn jene Tage sind längst over.
Die toten Mexikaner kehren am Tag der Toten immer wieder zurück, aber in einem anderen Gewand, als man den Tod erwarten würde, sie kommen als schuftende billige Arbeiter, frei von Mythen und frei vom alten Zauber.
Die Chinesen, die California im 19. Jahrhundert aktiv "produziert" haben, sind nur noch in Form ihrer Kindeskinder anwesend. Sie waren wahrscheinlich damals schon frei von Magie und Zauber, sie haben schon immer gearbeitet, das tun sie heute immer noch und werden es immer weiter tun, längst wenn die anderen am Strand liegen oder surfen.

San Francisco (SF) ist die Mixture per se >: Europa in vielen Miniaturformaten, der wilde Westen in postpuritanischer Version, Chinesen, Luxus, Sonne, Meer und undefinierte Ethnien.

Vielleicht ist SF nur die Verwirklichung all jener Utopien, die die Immigration von Ost zur Westküste in sich barg: frei von Fesseln des Puritanismus der New England-Sphäre, frei von Ethik der Arbeit, frei von Europa als Alptraum, frei von Amerika als Alptraum, frei von Jahreszeiten und nicht zuletzt frei von sich Selbst.

Vielleicht ist SF ja auch nur das zuende gedachten Puritanische, jenseits der Regel und Maximen desselben.

Die Architektur von SF ist das Resumee der alten Bauten in Amsterdam, Hamburg, Barcelona, Poznan, Rom, Sevilla und sie ist zugleich Miniaturformat von Chicago, Seatle, Shanghai etc. Das Bild der Stadt ist das Diverse, was überhaupt möglich ist.
Die Chinesen auf den breiten, schönen und hellen Boulevards scheinen wie Statisten eines Films, der niemals gedreht sein wird, wobei sie eigentlich, d.h. historisch, die Natives sind.
Alle sind Europäer. Niemand ist aus Europa.